Ehe für alle – Als gleichgeschlechtliches Paar in Deutschland heiraten

Für viele gleichgeschlechtlich liebende Paare ging im Sommer 2017 ein jahrzehntelanger Kampf für mehr Toleranz mit Erfolg zu Ende: Mit dem Beschluss vom 30. Juni 2017 führte der Bundestag ab dem 1. Oktober 2017 die Ehe für alle in Deutschland ein und setzte damit einen Meilenstein in der Geschichte der Gleichberechtigung. Das Gesetz ermöglicht es homosexuellen Paaren eine zivilrechtliche Ehe zu führen und stellt sie mit anderen Ehepaaren gleich. Zahlreiche bereits eingetragene Lebenspartnerschaften können so endlich mit einer offiziellen Heirat gekrönt werden und viele weitere schwule und lesbische Liebespaare wagen den nächsten Schritt in ihrer Beziehung.

Alles rund um die Ehe für alle, die wichtigsten Fragen und Antworten und welche Möglichkeit sich mit einer Eheschließung für euch eröffnet, findet ihr in diesem Artikel.

Der Kampf um mehr Gleichberechtigung

Mit der Durchsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts werden homosexuellen Paaren endlich gleiche Rechte und eine volle rechtliche Anerkennung ihrer Partnerschaft seitens des Staates zugesprochen. Die Erwartung, dass damit auch die Toleranz gegenüber homosexuellen Menschen zunimmt, ist groß.

Bereits seit der Kaiserzeit müssen Schwule und Lesben mit Diskriminierung kämpfen. In der NS-Zeit wurden vor allem homosexuelle Männer in Konzentrationslagern misshandelt und getötet. Das Bundesverfassungsgericht erklärte 1957 männliche Homosexualität als strafbar und auch die DDR behielt die Strafbarkeit bei. 1968 entkriminalisierte die DDR zwar die Liebe zwischen erwachsenen Männern, doch erst im Jahr 1994 wurde der § 175 im StGB, der gleichgeschlechtlichen Verkehr zwischen Männern mit Strafe bedroht, in der BRD komplett gestrichen.

In den 80er Jahren bildeten sich erste Gruppen, die Gleichberechtigung forderten und das Eheverbot für homosexuelle Paare wurde zunehmend kritisiert. Tatsächlich war Dänemark das erste Land weltweit, das 1989 eine eingetragene Partnerschaft einführte. 2001 erlaubten die Niederlande eine gleichgeschlechtliche Ehe, woraufhin immer mehr Länder folgten. 2001 verabschiedete auch die Bundesregierung das Lebenspartnerschaftsgesetz – ein erster bedeutender Schritt in Deutschland. Gleichgeschlechtliche Paare konnten sich nun äquivalent zum Heiraten „verpartnern“, jedoch erhielten sie nicht alle Rechte einer Eheschließung wie beispielsweise ein Adoptionsrecht.

Das Sexualität vielfältig sein kann und die sexuelle Orientierung nicht nur auf die klassische Konstellation von Mann und Frau hinausläuft, war und ist für einige Menschen unmoralisch. Eine Ausgrenzung aus der Gesellschaft, Gewalt und Hass sind nicht selten das Ausmaß dieser Intoleranz und Homophobie. Seit 2006 schützt in Deutschland das Allgemeine Gleichberechtigungsgesetz Schwule, Lesben und Bisexuelle sowie alle, die sich durch ihre Herkunft, ihre Religion oder ihr Geschlecht benachteiligt fühlen. Auch wurden sogenannte Konversionstherapien für Jugendliche verboten, welche die sexuelle Orientierung als Krankheit ansehen, ändern oder unterdrücken wollen.

Nach jahrelangem Kampf und endlosen Debatten zog Deutschland im Juni 2017 mit dem Eheöffnungsgesetz schließlich und endlich nach und gewährte Schwulen und Lesben eine offizielle Eheschließung mit all ihren Rechten und Pflichten.

Diese Unterlagen benötigt ihr für eure Traumhochzeit

Falls auch ihr eine gemeinsame Zukunft plant und den Schritt vor das Traualtar wagen möchtet, dürft ihr als lediges Paar mit deutscher Staatsangehörigkeit folgende Dokumente nicht vergessen:

Als gleichgeschlechtliches Paar in Deutschland heiraten
  • gültiger Ausweis (Personalausweis oder Reisepass)

  • Anmeldeformular für eine gleichgeschlechtliche Ehe vom Standesamt

  • eine Geburtsurkunde, eine Abstammungsurkunde der Eltern beiderseits oder eine beglaubigte Abschrift des Familienbuches (erhältlich beim Standesamt eurer Geburtsstadt)

Falls einer von euch bereits verheiratet war oder eine Lebenspartnerschaft aufgelöst hat, kann ein aktueller Auszug aus dem Ehe- oder Lebenspartnerschaftsregister vom Eheschließungsamt notwendig sein. Unter Umständen müsst ihr die Urkunde der ersten Eheschließung und die Scheidungsurkunde vorlegen.

Wenn einer von euch eine andere Staatsangehörigkeit besitzt, benötigt ihr außerdem diese Unterlagen:

  • Ausweispapiere

  • vereidigte Übersetzungen ausländischer Urkunden mit dem Original

  • Ledigkeitsbescheinigung

Kann eine eingetragene Lebenspartnerschaft in eine gleichgeschlechtliche Ehe umgewandelt werden?

Die Antwort ist: Ja! Allerdings erfolgt diese Umwandlung nicht automatisch. Ihr benötigt einen Termin im Heiratsbüro des Standesamtes, wo eure Lebenspartnerschaft in eine gleichgeschlechtliche Ehe umgeschrieben wird.

Außerdem solltet ihr dafür diese Dokumente mitbringen:

  • Meldebescheinigung mit Nachweis über den Familienstand

  • gültiges Ausweisdokument (Reisepass oder Personalausweis)

  • Auszug aus dem Lebenspartnerschaftsregister vom Standesamt der Begründung eurer Lebenspartnerschaft

Was verändert sich im Steuerrecht bei einer geschlossenen gleichgeschlechtlichen Ehe?

Für Paare, die bereits zuvor in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gelebt haben ändert sich theoretisch nichts. Wie vorher auch, werdet ihr als Verheiratete der Steuerklasse IV zugeordnet – das bietet sich für Partner mit ungefähr gleichem Einkommen sehr gut an.

Falls ihr ganz unterschiedlich verdienen solltet, beispielsweise wenn ein Partner mehr als 60 Prozent zum gemeinsamen Einkommen beisteuert, empfiehlt es sich die Steuerklassen III und V zu kombinieren. Ein Wechsel der Steuerklasse ist allerdings nur einmal jährlich möglich und muss schriftlich beantragt werden – euer Steuerberater kann euch sicher weiterhelfen.

Ist die Ehe für alle auch im Ausland gültig?

Derzeit ist eine gleichgeschlechtige Ehe in diesen 38 Staaten erlaubt:

Argentinien Kroatien
Australien Luxemburg
Belgien Malta
Brasilien Mexiko
Chile Niederlande
Costa Rica Neuseeland
Dänemark Norwegen
Deutschland Österreich
Ecuador Portugal
Estland Schweden
Finnland Schweiz
Frankreich Spanien
Griechenland Südafrika
Irland Taiwan
Island Tschechien
Israel Vereinigte Staaten
Italien Vereinigtes Königreich
Kanada Uruguay
Kolumbien Zypern

Doch nicht jedes Land erkennt eine Eheschließung unter gleichgeschlechtlichen Partnern an. In vielen UN-Mitgliedsstaaten gilt Homo-, Trans-, Bi- oder Intersexualität sogar als eine Straftat. Falls ihr plant nach eurer Heirat ins Ausland zu ziehen, solltet ihr euch vorab mit den Gesetzen vor Ort auseinandersetzen. Genauere Informationen dazu erhaltet ihr hier.

Besonders in Asien und in Afrika gibt es Länder, die eine Homo-Ehe noch immer verbieten, beziehungsweise nicht anerkennen – häufig wird dort Homosexualität grundsätzlich nicht akzeptiert. In Kenia und Gambia beispielsweise wird die Liebe zum gleichen Geschlecht mit bis zu 14 Jahre Haft bestraft, in Malaysia drohen 20 Jahre Gefängnis und in Uganda und Tansania müssen Homosexuelle eine lebenslängliche Freiheitsstrafe absitzen. In Saudi Arabien oder im Jemen fürchten Schwule und Lesben sogar um ihr Leben.

In den meisten europäischen Ländern ist die Ehe für alle jedoch erlaubt. Nachdem die Niederlande im April 2001 eine Ehe für homosexuelle Paare ermöglichte, folgten auch viele weitere europäische Staaten.

Tipp der Redaktion: Falls ihr in den USA heiraten möchtet ist das landesweit möglich. Seit 2015 ist in allen Bundesstaaten der USA die Ehe für alle rechtskräftig. Auch für euren Honeymoon sind die USA eine Reise wert. Besonders tolerant gegenüber Schwulen und Lesben sind laut des Spartacus Gay Travel Index die Staaten Kalifornien, Nevada, New York, Colorado, Connecticut, Illinois, Massachusetts, Oregon und Washington DC.

Als gleichgeschlechtliches Paar in Deutschland heiraten, braut.de

Die Gründung einer Familie mit dem Adoptionsrecht

Vielleicht ist für euch die Eheschließung nur ein erster Schritt in eine gemeinsame Zukunft als Familie. Eventuell möchtet ihr wie viele andere gleichgeschlechtliche Paare euer Glück vollkommen machen und ein Kind adoptieren. Den meisten gleichgeschlechtlichen Paaren, die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, blieb die Erfüllung dieses Wunsches bis zur Einführung der Ehe für alle jedoch verwehrt, denn die gemeinsame Adoption eines fremden Kindes war so nicht möglich. Nur durch die sogenannte Sukzessivadoption bestand die Option, dass sich ein Partner allein beim Jugendamt bewirbt. Doch die Wahrscheinlichkeit, dass eine Einzelperson einem Paar vorgezogen wird, war schwindend gering. Zwar war es zuvor schon möglich, das mit in die Lebenspartnerschaft gebrachte leibliche Kind des Partners anzunehmen, doch mit der Gesetzesregelung zur homosexuellen Ehe habt ihr jetzt auch endlich das Recht, gemeinsam ein fremdes Kind zu adoptieren und werdet mit anderen Ehepaaren vollständig gleichgestellt.

In diesen Ländern können homosexuelle Paare adoptieren:

Argentinien Kolumbien
Australien Neuseeland
Belgien Niederlande
Brasilien Norwegen
Dänemark Österreich
Deutschland Portugal
Estland Schweden
Finnland Schweiz
Frankreich Spanien
Irland Südafrika
Island Uruguay
Israel Vereinigte Staaten
Kanada Vereinigtes Königreich

Video: Die „Ehe für alle“ kurz erklärt. Sind homo- und heterosexuelle Paare wirklich gleichberechtigt?

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